Lesetipp Der Sieg über die Wünsche

Auszug aus dem Buch von Swami Vishnudevananda Giri "Spirituelle Alchemie. Der Weg der inneren Askese"


Wenn du deine Wünsche nicht besiegst, kannst du dich Gott nicht annähern. Der Weg der inneren Askese ist der Weg des Sieges über alle Wünsche, deren Fokus es ist, dem eigenen Willen zu dienen.


Durch äußere Askese und Verzicht kann man Wünsche nicht besiegen, denn der Same des Wunsches selbst wird dabei nicht mit verbrannt und du als das Ego mit Wünschen und der Gier danach bist nicht besiegt, nicht verworfen und nicht in Gott aufgelöst.


Deswegen lehren alle Heiligen als zielführenden Weg die innere Askese, also das Erkennen aller Wünsche und die Unterordnung des Willens des Egos unter den Willen Gottes. Du selbst kannst deine Wünsche nicht überwältigen und nicht besiegen. Das musst du einsehen. Wenn du dich selbst bekämpfst, schadest du dir nur.


Und wenn es dir doch gelingen würde, dann würde dein Verstand es sich selbst zuschreiben und daraus neuen Stolz entwickeln. Deswegen gibt es den weisen Ratschlag, Wünsche nicht durch den eigenen Willen und aus eigener Kraft zu besiegen, sondern mit Hilfe der Kraft Gottes und seiner Barmherzigkeit.


Es gibt zwei Arten an Wünschen, natürliche, die nicht stören, und unnatürliche, die dich von Gott entfernen. Natürliche kommen vom Körper, unnatürliche vom Verstand und von den Ambitionen des Egos. Unnatürliche muss man loslassen, natürliche besänftigen und mit Gott verbinden, damit sie dich keine Minute lang ablenken können. Alle unnatürlichen Wünsche haben nur einen Grund, die Unkenntnis Gottes. Ihre Wurzeln sind die Anhaftung an sich selbst und die Gewohnheit, dem eigenen Willen zu dienen.


Um die Wünsche zu überwinden, musst du die Beziehung zu deinem Willen verändern und lernen, ihn ununterbrochen zu überwinden und Gott unterzuordnen. Welcher Wunsch auch immer in deinem Herzen aufflackert, habe es nicht eilig, ihn zu erfüllen, sondern werde ruhig und beobachte ihn.


Prüfe ihn, ob er natürlich ist oder nicht und ob du das Gewünschte wirklich brauchst. Wenn der Wunsch nicht als natürlicher einzuordnen ist, solltest du dich daran erinnern, dass du den Weg der inneren Askese begonnen hast und dass dir nicht das Nachgeben gegenüber deinen Wünschen Kraft gibt, sondern nur der Verzicht darauf für Gott.


Sobald du Wünsche wahrnimmst und den Willen des Egos als ihre Quelle erkennst, gib sie ab, indem du sie an Gott weitergibst. Nicht die Wünsche selbst versklaven dich, sondern dein falscher Wille, der sie lenkt.


Nur wenn man die Wurzel eines Baumes ausgräbt, werden Zweige und Blätter nicht mehr nachwachsen. Ist der Wille nicht mehr da, verschwinden auch die Wünsche. Deswegen gebe deinen Willen, der die Wünsche lenkt, an Gott ab.


Wenn der Wunsch entsteht, etwas zu essen, zu trinken, zu erfahren oder zu sehen, erlaube es dir nicht, den Wunsch zu erfüllen, bevor du ihn Gott gegeben hast. Bist du aber schon so stark in die Gegenwart Gottes vertieft, dass keine eigene Intention mehr existiert und dich nichts mehr interessiert, als den Willen Gottes wahrzunehmen und ihm zu dienen, dann kann dich kein Wunsch mehr binden.


Darin besteht der Wesen der inneren Askese: nicht den Wunsch selbst zu zerstören, sondern den falschen Willen, der ihn leitet.


Löse den falschen Willen auf, indem du ihn dem göttlichen Willen unterstellst, und die Wünsche gehen von selbst weg. Oder sie werden unschädlich, wie eine Schlange, die keine Zähne mehr hat, und werden mit der Zeit erlöschen.


Man sollte nicht selbst die Wünsche zerstören, nicht selbst gegen sie ankämpfen, sondern sie in den hellen Schein des Lichtes der göttlichen Barmherzigkeit stellen, damit sie noch im Embryonalzustand vergehen. Man sollte seine Feinde nicht mit der eigenen, nur geringen Stärke und seinem Willen bezwingen, sondern durch den Willen und die Barmherzigkeit Gottes.


Verzichte auf die Wünsche oder besänftige sie nicht wegen dir selbst, sondern wegen Gott und für Gott, nicht zu deinem Wohl, sondern für Gott, sonst wird der Verzicht zur neuen Selbstliebe. Dein Verstand kann auch denken: „Ich werde auf Wünsche verzichten“. Erfolgt der Verzicht jedoch nicht im Namen des Willens Gottes, sondern von sich aus und für sich, dann ist es kein Verzicht, sondern eine Maskerade deines falschen Willens, der sich so behaupten möchte, wie ein Dieb, der sich als Wächter ausgibt. Sei aufmerksam, um dich nicht selbst zu betrügen.


Reinige dich unermüdlich von den Wünschen, befreie den Garten deiner Seele von Müll. Mache das nicht von Zeit zu Zeit, sondern jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde, täglich.


Reinige dich von der falschen Ausrichtung des Willens, vom Willen selbst, von den Wünschen und von der Selbstbezogenheit – darin besteht deine Askese und die innere Alchemie.


Reflektiere während der Selbstreinigung: Ich reinige mich nicht wegen mir selbst, damit ich ein guter Mensch werde, nicht weil ich das so will, weil ich das so beschlossen habe, sondern ich mache das, damit die Strahlen der Barmherzigkeit Gottes zu mir kommen können. Ich bereite in meinem Körper den Thron für Gott vor, ich schaffe Raum für das Erscheinen Seines leuchtenden Palastes.


Menschen mit einem tierähnlichen Bewusstsein leben, indem sie den Dämonen und ihren Leidenschaften dienen. Gewöhnliche Menschen leben, indem sie sich selbst und ihren Verwandten dienen. Ihr Leben dreht sich im eigenen inneren Kreis und ist immer begrenzt. Sogar wenn ihre Körper im Luxus und Vergnügungen baden, weinen ihre Seelen und sehnen sich nach Gott.


Heilige, Verwirklichte und göttliche Wesen leben, indem sie Gott dienen, Seinem Willen und seiner Herrlichkeit, sie leben nicht für sich selbst, sondern nur für Ihn.


Deswegen findet ihr Leben nicht nur in ihnen selbst statt, sondern in Gott. Deswegen sind sie untrennbar mit Ihm und immer frei und glücklich. Sie leben nicht – das Spiel Gottes wird durch sie gelebt. Diejenigen aber, die sich selbst dienen und nicht Ihm, sind immer von Ihm getrennt und deswegen unglücklich.


Lebe nicht nur in dir selbst, sondern in Gott. Das ist der Weg der spirituellen Alchemie der inneren Askese.


Mehr über den Autor und die Lehre unter https://de.advayta.org.


Und in den Büchern von Swami Vishnudevananda Giri: „Der Pfad der spontanen Erleuchtung“, „Leben in der Multirealität“, „Shakti Yantra“, „Laya Yoga“, Kundalini Yoga“, „Ich bin“, „Kodex eines Meisters“, „Leben in Gott“, „Nada und Jyoti Yoga“.

Kommentare 2

  • Dein Blog wirkt auf wunderbare Weise gut auf mich, Indira

    Ich spüre förmlich, wie eine grosse Last abfällt, beim Lesen dieses Artikels. Die heutige Sichtweise auf Askese ist sehr wohltuend. Sie bedeutet nicht, dass man einen Krieg gegen sich selbst oder die Welt führen muss. Ich danke Dir fürs Teilen dieser Gedanken! <3

    • Lieber Eisu,


      vielen herzlichen Dank _/|\_ <3


      Für mich ist es ein Geschenk, etwas weitergeben zu können, was mir selbst sehr geholfen hat. Und zu sehen, dass es auch andere Menschen inspiriert.