Beiträge von Sasha

    Ja, stimmt, es hat tatsächlich Ähnlichkeit mit Frau Holle. Danke dass du das angemerkt hast, es ist mir vorher nicht aufgefallen.


    Und ja ich überlege schon, wie und in welchem Umfang ich mich hier weiter einbringen kann. Aber ich denke, ab und zu ein Märchen hier herein stellen, sollte kein Problem sein.

    Ich beginne dann gleich mal mit einem meiner Lieblingsmärchen aus Japan, das es natürlich wie so oft in etwas unterschiedlichen Varianten gibt. Ich erzähle sie frei nach der Variante, wie ich sie einmal von einer Japanerin selbst gehört habe. Den Begriff "Tengu" habe ich unten unter dem Text erklärt.


    Der Tanz der Tengu

    Es lebten einmal in einem kleinen Dorf zwei Bauern. Sie waren keine hübschen Männer, denn sie hatten beide eine dicke unansehnliche Warze im Gesicht. Der eine rechts und der andere links. Doch diese Gemeinsamkeit hatte die beiden zu jahrelangen guten Freunden gemacht und letztlich sogar zu Nachbarn. Eines Tages sagte der eine Bescheid, dass er in den Wald ginge, um Reisig und Brennholz zu sammeln. Sie verabschiedeten sich und verabredeten sich für den Abend zu einem gemeinsamen Essen. Als der Bauer so durch den Wald zog, mit dem Blick ganz und gar auf den Boden gerichtet, merkte er nicht, dass über ihm finstere Gewitterwolken heran zogen. Erst als er das Krachen des ersten Donners hörte, überkam ihn große Sorge. Es war ein weiter Weg nach Hause und er würde gewiss schrecklich nass werden und er konnte doch nicht riskieren, krank zu werden. Also suchte er sich eilig einen Unterschlupf und fand einen Felsversprung, beinahe wie einen Höhleneingang. Kaum hatte er sich dort verborgen, brach ein starkregen los und Blitz und Donner zerrissen den Himmel. Das Unwetter dauerte lange und als es endete, war es bereits finster. Nur der Mond schien noch in den Wald und erleuchtete die kleine Lichtung die vor dem Felsvorsprung lag. Der Bauer wusste sicher, dass er sich verirren würde, wenn er versuchte jetzt den Heimweg zu finden. Also beschloss er die Nacht wohl oder übel hier zu verbringen. Doch die vielen Geräusche des nächtlichen Waldes, der Ruf der Eulen und die Unwissenheit, ob sich ihm Wölfe oder gar Bären nähern könnten, ließen ihn kein Auge zu tun. Mit der Zeit jedoch wurden ihm die Augen schwer und er verfiel in einen leichten Schlummer. Doch plötzlich schrak er wieder hoch. Es hatte ein Geräusch gegeben und mit wild klopfendem Herzen starrte er hinaus in den Wald. Das Geräusch näherte sich und er hörte, dass es Stimmen waren und fröhliches Lachen. Dann tauchten im Mondschein auf der Lichtung drei Gestalten auf und der Bauer bekam es mit der Angst. Es waren keine Menschen sondern drei Tengu, die da auf der Lichtung standen. Ihre Großen Augen und langen Nasen waren trotz des wenigten Lichts gut zu erkennen. Sie unterhielten sich und wirkten vernügt und dann rief einer plötzlich aus "Lasst uns tanzen!" Die anderen stimmten sofort zu und die drei fassten sich an den Händen. Kurz darauf sprangen sie wild im Kreis und riefen im Tank reihum "Ein Tengu - zwei Tengu - drei Tengu - ...... - Ein Tengu - zwei Tengu" Doch dann hörte man einen von ihnen Jammern und sie hörten auf zu tanzen. "Immer trittst du mir auf die Füße!" Worauf der andere sich empörte "Es fehlt der Platz, unser Kreis ist zu eng!" und der dritte stimmte ein "Und der Text passt auch nicht! WIr können den Vier-Tengu-Tanz nicht tanzen, wenn wir nur drei sind." So standen sie da und überlegten, während der Bauer in der Dunkelheit hockte und nicht glauben konnte, was er da sah. Doch in seiner Neugier wurde er unvorsichtig, und weil er mehr sehen wollte, kroch er langsam vowärts. Doch ein kleiner Zweig brach unter seinem Gewicht und das Knacken hallte durch die Nacht. Sofort wurden die Tengu auf ihn aufmerksam und standen im nächsten Moment auch schon neben ihm. "Sag was bist du denn? BIst du auch ein Tengu?" "Ach Unfug, er kann kein Tengu sein. Seine Haut ist viel zu blass und seine Nase viel zu klein." So zankten zwei der Tengu, doch der dritte guckte nur neugierig und fragte. "He du, kannst du tanzen?" Vor Angst fast gelähmt konnte der Bauer nur nicken. Sogleich packten sie ihn an den Armen und zogen ihn auf die Lichtung. Sie zeigten ihm den Vier-Tengu-Tanz und erklärten ihm den Text. Dann fassten sie ihn an den Händen und begannen zu tanzen. Der arme Bauer fürchtete sich schrecklich und gab sich größte Mühe bloß nichts falsch zu machen. Doch mit der Zeit fing es sogar an ihm Spaß zu machen und sie tanzten weiter und weiter bis er vor Erschöpfung nicht mehr konnte. "Das war großartig!" jubelten die Tengu. "Du hast wundervoll getanzt. Fast wie ein richtiger Tengu. Wir hatten viel Spaß mit dir. Sag, können wir dir einen Wunsch erfüllen?" Der Bauer zögerte erst, doch als die Tengu ihm versicherten, dass er sich wirklich etwas wünschen durfte, fragte er zögerlich ob sie ihm die Warze nehmen könnten. Die drei lachten "Nichts einfacher als das!" Er spürte ein leichtes Kribbeln auf der Wange und als er sie befühlte, war die Warze verschwunden. Er dankte den Tengu von ganzem Herzen und da schon der Morgen dämmerte, verabschiedeten sie sich und er trat den Heimweg an. Daheim wurde er von seinem Nachbarn und Freund voll Sorge begrüßt, da dieser die ganze Nacht auf ihn gewartet hatte. Dann plötzlich wurden seine Augen groß, denn er hatte gesehen, dass die Warze verschwunden war. Er fragte seinen Freund und dieser zog ihn in das Haus, und erzählte ihm flüsternd die ganze unglaubliche Geschichte. Doch sein Freund schaute ihn finster an. "Ich dachte wir teilen unser Schicksal! Ich habe immer zu dir gehalten, weil du die gleichen Probleme hattest wie ich. Wie kannst du mich jetzt so schändlich belügen und mir so eine Geschichte auftischen? Schämen solltest du dich!" Und obwohl ihm versichert wurde, dass es die Wahrheit war, stürmte der Bauer wütend aus dem Haus. Er nahm sich vor kein Wort mehr mit seinem Nachbarn zu sprechen, und das tat er auch nicht. Die Tage, Wochen und letztlich Monate gingen ins Land und es herrschte weiter eisiges Schweigen. Selbst als sein Nachbar zu ihm kam und sagte "Sieh, mein Freund, nach all den Jahren habe ich endlich eine Frau gefunden. Ich bitte dich um unserer alten Freundschaft Willen, komm zu unserer Hochzeit", lehnter er ruppig ab und verkroch sich in sein Haus. Doch mit der Zeit wuchs seine Verzweiflung und der Gedanke keimte in ihm auf, dass sein Nachbar vielleicht doch die Wahrheit gesagt haben könnte. Als er es nicht mehr aushalten konnte, schlich er sich an einem finsteren Abend in den Wald. Er suchte die Lichtung, die man ihm beschrieben hatte und wartete. Da er kein Feuer machen konnte, hatte er sich Sake mitgenommen um sich warm zu halten und als die Flasche beinahe leer war, hörte er Stimmen und Gelächter. Er wartete und kaum dass die drei Tengu auf der Lichtung erschienen waren, sprang er aus dem Gebüsch. "Schaut wer wieder hier ist, erinnert ihr euch an mich? Wir haben doch so schön zusammen getanzt." Die Tengu waren skeptisch, weil er so anders aussah, aber sie glaubten ihm, dass er nur alt geworden sei. Sie fragten ihn freundlich, ob er sich noch an den Tanz erinnerte, doch er herrschte sie nur an "Was für eine Frage, natürlich weiß ich das noch!" Also nahmen sie ihn an der Hand und begannen ihren Tanz. Doch obwohl sein Nachbar ihm damals den Tanz erklärt, ja sogar vorgeführt hatte, konnte er sich nach so langer Zeit nicht mehr genau erinnern. Und der Sake, mit dem er sich hatte warm halten wollen, machte ihn tollpatschig. Irgendwann brachen die Tengu enttäuscht den Tanz ab. "Du singst wie ein kranker Rabe!" sagte der eine und der dandere ergänzte "Und du bist mir ständig auf die Füße getreten!" "Du kannst gar nicht tanzen", bestätigte der Dritte. Darauf hin wurde der Bauer wütend. "Letztes Mal war der Tanz viel einfacher und ich war auch noch jünger! Außerdem seid ihr auch gar nicht so toll! Wisst ihr noch wie ich mir wünschte, dass ihr mir meine Warze nehmt? Sie ist wieder gekommen, seht selbst!" Und er zeigte auf seine Wange. Die Tengu guckten ihn an und steckten dann die Köpfe zusammen. Dann verkündten sie "Normalerweise setzen wir unsere Magie für einen Menschen nie zwei Mal ein. Aber wir haben uns überlegt, dass du ein Geschenk verdient hast." und als der Tengu die Hand hob, kribbelte dem Bauern das Gesicht. Er befühlte seine Wange, doch die Warze war noch da. Er befühlte verärgert sein restliches Gesicht und zu seinem Entsetzen stellte er fest, dass eine ebensolche Warze plötzlich auf seiner anderen Wange saß. Die Tengu lachten herzhaft, drehten sich um und waren im nächsten Moment im Dunkel des Waldes verschwunden.



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    "Tengu" sind japanische Wald- und Berggeister, die oft mit dunkler (zum Beispiel blauer) Haut dargestellt werden, eine lange Nase und oft auch kleine Flügel haben. Man sagt ihnen nach, dass sie zaubern können und dass sie scheu und leicht zu verärgern sind.

    Liebe Heidy, vom Grundsatz her gebe ich dir natürlich Recht. Allerdings gibt es je nach Kultur dennoch signifikante Unterschiede. Ich habe zum Beispiel auch orientalische Märchen gelesen und da ging es in den meisten Fällen um Reichtum, Liebe und untreue Frauen. In deutschen Märchen geht es fast immer um eine Hexe die jemanden verzaubert oder verflucht und es spielt fast immer alles im Wald. Japanische Märchen sind da wieder ganz anders. Aber natürlich mag das auch daran liegen, dass ich mich sehr mit der japanischen Denkweise verbunden fühle und sie mich daher vielleicht anders berühren. Was mir aber noch auffällt ist, dass es scheinbar unterschiedliche Zielgruppen gibt. Deutsche Märchen sind in den meisten ganz klar als verbale erhobene Zeigefinger für Kinder zu sehen. Hänsel und Gretel, Rotkäppchen, die sieben Geißlein... Aber dann gibt es eben auch Märchen für Erwachsene. König Drosselbart ist da ein gutes Beispiel finde ich. Und die Japanischen Märchen richten sich meines Empfindens nach auch hauptsächlich an Erwachsene.

    Hallo ihr lieben,


    angesichts meines Interesses am alten Japan habe ich auch ein paar E-Books gelesen. Unter anderem war eines dabei mit japanischen Märchen. Diese haben in meinen Augen unglaublich schöne und berührende Botschaften. Und anders als deutsche Märchen haben sie eher einen lehrreichen, moralischen Charakter, statt nur dazu zu dienen, Kindern Angst zu machen vor Wald, Wölfen oder fremden Menschen. Sie vermitteln eher (japanische) Moralvorstellungen, wobei es natürlich auch Märchen mit Gruselfaktor gibt.


    Kennt jemand von Euch japanische Märchen oder besteht interesse daran? Ich könnte sicher zwischendurch mal meine Lieblingsmärchen abtippen und hier einstellen.