Eine herzberührende Begegnung

Im Personalrestaurant an meinem Arbeitsplatz nehme ich fünfmal die Woche mein Mittagessen ein. Eines Tages kam ein älterer Mann an meinen Tisch und erzählte mir, dass er eine Bekannte habe, die mir sehr ähnlich sei. Diesen Mann hatte ich schon eine Weile wahrgenommen, da er zusammen mit einer Frau jeden Tag am gleichen Tisch sass und überaus geschäftig wirkte. Er schien sehr besorgt um die Frau zu sein - des Öfteren stand er auf, um ihr etwas zu bringen oder zu holen. Irgendwie berührte mich dies sehr und als der Mann plötzlich an meinem Tisch stand, wunderte ich mich nicht.

Aus dieser ersten Kontaktnahme, die jetzt schon einige Monate zurückliegt, entwickelte sich mit der Zeit eine herzberührende, freundschaftliche Beziehung. Inzwischen weiss ich schon recht viel über das Leben der beiden und auch ich erzähle immer wieder von mir, wie wenn ich sie schon lange kennen würde. Jean-Pierre ist der Aktive, Gesprächige und Rosmarie die Ruhige, Beobachtende - sie ergänzen sich sehr gut. Seit über 40 Jahren kennen sich die beiden, leben aber nicht zusammen am gleichen Ort. Von Montag bis Freitag gibt es nun einen täglichen Austausch zwischen uns und wir freuen uns gegenseitig, wenn ich nach dem Essen jeweils zu ihnen an den Tisch gehe und wir ein paar Minuten über Gott und die Welt plaudern können.
Man würde es nicht glauben, aber Jean-Pierre ist bereits 85 und Rosmarie 80 Jahre alt. Sie kommen jeden Tag ins Restaurant zum Essen, weil Rosmarie nicht mehr kochen mag und sie auf diese Weise täglich unter Menschen sind. Zur Mittagszeit ist das Personalrestaurant sehr gut besetzt und der Lärmpegel ist beträchtlich hoch - die beiden scheinen dies aber zu geniessen und es ist fast zu ihrem zweiten Zuhause geworden.

Die Zwei sind mir sehr ans Herz gewachsen und es beruht offenbar auf Gegenseitigkeit. Gestern sagten sie mir voller Dankbarkeit, dass sie sich jeden Tag auf mein Lächeln freuen - ich würde viel Liebe und Fröhlichkeit ausstrahlen und sei bestimmt sehr glücklich mit meinem Leben! Da wurde mir so richtig bewusst, wie recht sie doch haben und ich bin dankbar, dass ich mein Glück mit ihnen teilen darf.