Die Welt ist untrennbar vom Ich

DAS GROSSE GEHEIMNIS


Die Welt ist untrennbar vom Ich.


„Ohne Farbe, ohne Qualitäten, ohne Form leuchtet die strahlende Natur des Bewusstseins, die höchste Quelle. Sie ist das hellste Licht."


Sri Adi Shankaracharya, Zehn Slokas über den Atman (transzendentales Bewusstsein)


Das im Körper weilende Bewusstsein wird im Wachzustand, in den Träumen und im traumlosen Schlaf, nach dem Leiden von vieler Geburten, weiterhin von der Illusion verzaubert.“


Yoga Kundalya Upanishad (27)


Auszug aus dem Buch „Laya Yoga. Das Leuchten der kostbaren Geheimnisse“ von Swami Vishnudevananda Giri


„Oh Schüler, verstehe:


Das Bewusstsein des nicht erleuchteten Individuums befindet sich in einem Zustand der Unwissenheit über die Welt und über sich selbst. Lebewesen irren sich, indem sie glauben, dass die Welt der Objekte solide und real ist und sie selbst in dieser Welt etwas von Objekten Getrenntes sind.


Tatsächlich ist die Welt der manifestierten Phänomene nur Bewusstsein, der große Geist. Ursprüngliches Licht – die Quelle und Ursache der Existenz – ist das eigene Bewusstsein des Individuums in seiner ursprünglichen Reinheit.


Das gesamte sichtbare Universum besteht aus der Energie des Bewusstseins. Diese Bewusstseinsenergie ist Licht und Ton. Es gibt nichts innen oder außen, außer dem großen Spiel der Bewusstseinsenergie (Chit-Shakti), das sich im Raum-Zeit-Kontinuum des Mikro- und Makrokosmos unendlich manifestiert.“


"Wisse dies: Was Form hat, ist unwirklich, was formlos ist, ist ewig."


Avadhuta Dattatreya, Avadhuta Gita (Kap. 1, 21)


Man muss die Außenwelt als ein Echo in den Bergen verstehen, einen Regenbogen am Himmel, als Luftspiegelung in der Wüste, als die erfundenen Hörner eines Hasen; sie existiert eigentlich nicht, so wie ein Traum nur im Kopf eines Menschen existiert, also hat sie keine eigene, vom Ich unabhängige Natur.


So wie in einem Traum eine Person durch einen einfachen Wunsch viele Objekte erschafft und beim Erwachen alles verschwindet und nur das Bewusstsein des Ichs bleibt.“


Shiva Samhita (1.36)


Alle Objekte sind frei von unabhängiger Existenz und haben die Natur der Leerheit. Und was wir als die Welt der manifestierten Phänomene wahrnehmen – unseren eigenen Körper, Berge, Flüsse, Himmel, Bäume – ist nur ein magisches Spiel, das jede Sekunde entsteht und von unserem Bewusstsein ständig festgehalten wird, nur eine Illusion.


Ein gut gemachtes Hologramm, ein dreidimensionaler Film, ein Meistertrick, eine virtuelle Realität, eine Spiegelreflexion, die erscheint, aber ohne einen Tropfen unabhändiger Existenz. Diese Bilder scheinen die ursprünglich freie, ewig reine Natur unseres Ichs überlagert zu haben, als ob sie es verschließen würden, und als Ergebnis entsteht eine fundamentale Unwissenheit: Wir irren uns ständig über den wahren Zustand der Dinge im Universum. Eine Lieblingsangewohnheit unseres Ichs ist es, uns selbst als Subjekt und die gesamte Außenwelt als Objekte zu betrachten. Dinge scheinen nur sichtbar und manifestiert zu sein, obwohl es sie eigentlich gar nicht gibt. Ihre Quelle, ihre letzte Ursache ist unser eigenes Ich. Das heisst das Bewusstsein in seiner wahren Soheit, der grundlegende, ewige Teil des Geistes, der tiefer ist, als es Konzepte sind, und der in seinem Kern unbeweglich ist.


„Saraha sagt: Oh Narr, sei dir sicher: Die ganze sichtbare Vielfalt ist nur eine Manifestation deines Ichs.“


Mahasiddha Saraha


Alle Dinge im Universum werden durch die Gedanken und den Geist erschaffen.


Wenn wir untersuchen, was die Natur des Geistes ist und woher Gedanken kommen, stellen wir fest, dass hinter allen Gedanken ein Ich-Gedanke (aham-vritti) steht.


Bei der Untersuchung des Ich-Gedankens stellen wir fest, dass er im Moment der Untersuchung verschwindet. So verschwindet der Geist und kehrt zur großen Quelle zurück.


Dies ist das Ende der dualistischen Praxis und die Auflösung der Illusionen. Jedes Wesen, jedes Objekt in Samsara wird nun als aus dem Geist entstanden empfunden. Himmel mit Gottheiten in Palästen und Höllen mit Leidenden – sie alle entstehen aus einer einzigen Grundlage, dem Bewusstsein des Ichs. Bei genauerer Prüfung hält das Bewusstsein des Ichs dem Test der unabhängigen Existenz nicht stand und schmilzt dahin, wobei es seine wahre majestätische Natur ohne konkrete Eigenschaften, ohne feste Grenzen, ohne Zentrum oder Kanten offenbart.


Der Geist ist an seinem Ursprung leer, rein, selbstleuchtend, strahlend, unbefleckt von Sünden, unerreichbar für Konzepte, vollkommen ohne jede Praxis und alles durchdringend. Daher ist die Welt in ihrer Grundlage dem Geist ähnlich, während die Unterschiede in den Welten (Lokas) nicht auf Unterschiede in einer unabhängigen Existenz der Welten als solche zurückzuführen sind (d.h. Götter, Asuras (krigerische Astralwesen), Menschen, Höllenwesen)), sondern auf den Unterschied in der karmischen Sicht dieser Wesen.


Lebewesen projizieren die Realität kontinuierlich von innen nach außen und nehmen sie dann als äußere Objekte wahr, indem sie glauben, Subjekte zu sein.


Daher sehen die Götter, die auf einen Fluss schauen, Nektar darin. Asuras sehen eine Waffe darin. Menschen sehen Wasser, Fische sehen ihr Lebensumfeld. Pretas (hungrige Geister) sehen Eiter und Exkremente und die Kreaturen der Hölle sehen feurige Lavas. Alles entsteht durch unsere Wahrnehmung. Die Wahrnehmung wird durch vergangene karmische Spuren, Abdrücke (Samskaras) konditioniert. Wenn wir dies verstehen, können wir mit unserem Geist arbeiten, die vergangenen Abdrücke reinigen und die karmische Sicht zum Besseren verändern. Bis die Leerheit und die leuchtende Natur des Geistes offenbar werden, besteht immer ein Schleier der Unwissenheit, der das wahre Selbst verbirgt.


Infolgedessen neigen wir dazu, an unseren karmischen Abdrücken festzuhalten und zu glauben, dass sie solide und real sind. Dann verfallen wir in eine sklavische Abhängigkeit von unseren eigenen Projektionen und werden zu einer dieser Projektionen. Der Glaube an die Dichte der Welt lässt uns keine Chance, etwas zu verändern, und wir finden uns in unseren eigenen Vorstellungen wieder. So befinden wir uns in einem Zustand grundlegender Verblendung, deren Schicksal das Leiden von Unwissenheit, Geburt, Tod, Wiedergeburt in diesem Teufelskreis einer „negativen Unendlichkeit“ ist. Da jedoch nichts ewig und aus sich selbst heraus existiert, kann diese „negative Unendlichkeit“ beseitigt und der Teufelskreis der Unwissenheit durchbrochen werden. Diese Unwissenheit zu überwinden, ist das wahre Ziel der Praxis.


Da sie nicht erkennen, dass die wahre Quelle des Lichts ihr eigenes Selbst ist, und indem sie die Objekte mental als von sich getrennt wahrnehmen, werden die Unwissenden getäuscht.“


Sri Ramana Maharishi, Sri Ramana Gita, Wissenschaft des Herzens, Kap.5


Löse dieses große Rätsel, mein Lieber, öffne Deine Augen und entwirre den Knoten. Wer erlebt die Geburt? Wer erkennt das? Wer bist Du, mein Kind, wer bist Du?


Siddha Yogini Madalas


Das war ein Auszug aus dem Buch „Laya Yoga. Das Leuchten der kostbaren Geheimnisse“ von Swami Vishnudevananda Giri


Mehr zum Thema und über den Autor auf https://de.advayta.org und in den Bücher des Meisters „Leben in Gott. Autobiographie eines Jnanis.“, „Spirituelle Alchemie. Der Weg der inneren Askese“, „Kodes eines Meisters. Der Weg der Vollkommenheit“, „Ich bin. Spirituelle Alchemie des inneren Universums“, „Nada und Jyoti Yoga. Das Leuchten der kostbaren Geheimnisse“