Multirealität des Bewusstseins




"Die Lehre des Laya Yoga besagt, dass es vier Arten von Logik gibt:


• diskrete Logik,


• unscharfe Logik,


• Sattarka-Logik,


• Parasattarka-Logik.


Im Yoga ist der Denkprozess normalerweise oft nicht von Interesse, da Denken als ein Produkt des Bewusstseins betrachtet wird. Aufgabe eines Yogis ist es, in einen Zustand der tiefen Meditation und des Samadhis als überbewussten Zustand zu gelangen. Daher lehrt der Yoga (nach Patanjali) Chitta-Vritti-Nirodha, die Kontrolle über die Aktivität des Geistes. In der Lehre von Laya Yoga und Anuttara Yoga Tantra ist Denken jedoch eine Form der Manifestation von Lila (Spiel): Chit-Shakti-Vilas, das Spiel des Bewusstseins. Die Energie der Gedanken wird in den Lehren über den natürlichen Zustand von Sahajya nicht abgelehnt. Aber man nutzt dafür eine völlig andere Herangehensweise an dieses Thema als im westlichen Rationalismus.


Menschen, die spirituell praktizieren, solche, die dies nicht tun, aber auch Praktizierende unterschiedlicher Niveaus betrachten oft die Welt mit unterschiedlichen Augen. Wieso ist dies so? Weil sie unterschiedliche Denksysteme und unterschiedliche Arten von Logik verwenden. Menschen mit einem gewöhnlichen Denkprozess arbeiten grundsätzlich mit einer diskreten, dualen Logik. Hochrangige Praktizierende arbeiten mit der Sattarka-Logik – der Logik des direkten mystischen Verständnisses. Fortgeschrittene Sadhus (spirituell Praktizierende) beginnen mit der sogenannten unscharfen Logik. Die Prozesse des Verstehens oder Missverstehens hängen davon ab, auf welchem Level sich das Denksystem befindet. Wer ein höheres Denksystem besitzt, kann alle Systeme darunter verstehen. Wer ein niedriges Denksystem besitzt, kann diejenigen nicht verstehen, die über ihm stehen, aber er kann diejenigen auf seinem Level verstehen.


In der Welt gibt es viele Streitigkeiten, nationale, religiöse und private Interessenkonflikte. Alle diese Aversionen sind die Folge der Tatsache, dass das menschliche Denken fehlerhaft ist. Nicht, dass es defekt wäre, aber unentwickelt. Dies sind die Kosten der dualen, diskreten Logik. Die diskrete Logik zwingt uns, in zwei Kategorien zu denken und alles zu trennen: Subjekt und Objekt, gut und böse, richtig und falsch. Am wichtigsten ist, dass es das Ich von allem anderen trennt. Es erscheint uns selbstverständlich, so zu denken. Aber das liegt nur daran, dass dies unsere Sicht und unser Karma ist. Höhere Wesen denken ganz anders.


Unsere wirtschaftlichen Probleme, religiösen Auseinandersetzungen und Weltkriege sind die Folgen unseres oberflächlichen, fehlerhaften Denkens. Menschen, die einer dualen Logik unterliegen, streiten oft um Ideen, Konzepte und Kleinigkeiten und lassen das Wichtigste aus. Im Gegenteil dazu folgt ein Sadhu als Mensch auf dem spirituellen Weg einer tieferen Logik, einer unscharfen, ganzheitlichen Logik, in der es möglich ist, dass viele Optionen gleichzeitig richtig sind.



Diskrete Logik


Grundlage ist die Logik von Aristoteles, die dem modernen westlichen Denken und der modernen Wissenschaft zugrunde liegt. Hier ist A immer A, B ist immer B und nur B. A kann niemals zu B werden.


Die diskrete Logik ist eine Logik, in der entweder „Du hast Recht“ oder „Ich habe Recht“ zutrifft, eine dritte Möglichkeit kann es nicht geben.


Der Bewusstseinsbereich dieses Levels ist der konzeptuelle Verstand (Manas).


Subjekt und Objekt sind vollständig getrennt.


Das Bewusstsein des Beobachters wird nicht in den Prozess des Denkens und Beschreibens der Realität einbezogen, als ob es nicht existieren würde.



Unscharfe Logik


Dies ist die Logik des fantasievollen Denkens, von Weisheit und Intuition. Es ist die Logik der Quantenzustände, die moderne Physiker „Quantenunschärfe“ nennen.


In dieser Logik kann A seine entgegengesetzte Bedeutung ausdrücken, d.h. B sein, und sowohl A als auch B werden und beides kann richtig sein.


In diesem Fall kann sich A mal wie A, mal wie B verhalten, mal ist ein Elektron ein Partikel, mal eine Welle. Das Prinzip eindeutiger Identität findet hier keine Anwendung.


In dieser Logik kann jedes Phänomen nur in Verbindung mit etwas, also in einem bestimmten Kontext, oder „irgendwie“ ausgesagt werden.


Diese Logik ist seit der Zeit der alten Götter, des Rishis Vasistha, von Buddha und Mahavira bekannt, im Jainismus heißt sie „Anekantha-Vada“ (Lehre der Zweideutigkeit).


Sie nimmt ein wenig Rücksicht auf den Beobachter. Dieser Denkart ist bekannt, dass jeder die Welt ein wenig anders sieht, daher sind die Menschen, die sie benutzen, meist sehr tolerant.


Sie wird von Wissenschaftlern verwendet, denen es gelungen ist, die Barrieren der aristotelischen Logik zu überwinden, von Schamanen, Magiern, Heilern, Yogis, Sadhus, Jnanis und Siddhas.


Der entsprechende Bewusstseinsbereich ist Buddhi, der subtile Geist.


Subjekt und Objekt werden als sich gegenseitig beeinflussend und voneinander abhängig gesehen.


Das Bewusstsein des Beobachters ist in den Prozess einbezogen, aber in geringem Umfang.


Ein Bespiel für die unscharfe Logik ist das Denken, dass beim Betrachten eines Objekts, einer Idee oder eines Problems verschiedene Positionen zutreffend sind.


Die unscharfe Logik sagt: „Du hast Recht und ich habe gleichzeitig Recht. Und das ist in Ordnung.“



Sattarka-Logik


Die Sattarka-Logik ist eine Logik, die auf einem intuitiven, mystischen und direkten Verständnis der Realität basiert, es ist die Logik des Paradoxons, der Meditation, der Offenbarung, der Einsicht, die Logik eines Wunders.


Hier existieren die Alternativen A und B zusammen und getrennt, gleichzeitig und nicht gleichzeitig, sie sind miteinander identisch und gleichzeitig verschieden, während sie weder identisch noch nicht identisch sind.


A kann sich frei zu B bewegen, während A unverändert bleibt.


Die Sattarka-Logik sieht die Welt als eine Manifestation des „Ich bin“-Empfindens, als eine Projektion von sich selbst. Das Bewusstsein erfasst direkt und unmittelbar die Essenz des Phänomens und gibt eine Antwort durch die Meditation und die Kontemplation der leeren Quelle des Phänomens.


Sie wird von Heiligen, Yogis, Sadhus, Erleuchteten, Jnanis, Siddhas verwendet.


Der Bewusstseinsbereich hierfür ist Buddhi, der subtile Geist, in dem sich das Licht von Atman, dem wirklichen Ich, widerspiegelt


Subjekt und Objekt werden als eins gesehen.


Das Bewusstsein des Beobachters ist ebenso wichtig wie das Wahrgenommene. Die Einschätzung und Sicht der beobachteten Realität, die sogenannte „karmische Sicht“, ist von der Position des Beobachters abhängig.


Beispiele für die Sattarka-Logik:


• der Sufi-Mystiker Mansur, der „ich bin Gott“ wiederholte, was philosophisch der akzeptierten religiösen, diskreten Logik widersprach, aber der Sattarka-Logik der Heiligen entsprach,


• Sri Ramakrishna Paramahamsa, der, anstatt während eines Streits die logischen Fragen des Gelehrten und Philosophen Keshab Chandra Sen von der Brahmo Samaj Society zu beantworten, anfing, Bhajans (spirituelle Lieder) für seine Gottheit zu singen und in göttliche Ekstase (bhava samadhi) fiel,



Parasattarka-Logik


Die Parasattarka-Logik geht noch weiter, sie ist eine radikale Sicht der Welt als gestaltbare Manifestation des Geistes.


Hier sind wir vollständig in der Vision der Welt als Einheit verankert, als einer einzigen Bewusstseinssphäre. Und da wir in dieser Einheit sind, manifestieren wir verschiedene schöpferische Kräfte (Shaktis).


Das Leben wird hier als eine kontinuierliche, höhere Magie (Theurgie) der Götter und Siddhas beschrieben, bei der eine Person im Zentrum des Universums steht und sein Demiurg, also sein Schöpfer, ist.


Darin kann A eine andere Bedeutung haben, sie wechseln, in den B übergehen, ohne seine Identität mit sich selbst zu verlieren, sowie die Rolle einer eigentlich ausgeschlossenen dritten Lösung spielen. Es kann eigene, autonom existierende Kopien von sich selbst schaffen, die sich endlos verzweigen, um vollständige Universen zu schaffen, die aus sich selbst bestehen, ohne sich überhaupt zu überschneiden.


Sie wird von Heiligen, Jnanis (erleuchteten Weisen), Siddhas (Erleuchteten mit außergewöhnlichen Kräften) sowie Gottheiten (Devatas) verwendet.


Der Bewusstseinsbereich ist der Atman, das transzendentale Bewusstsein; seine Manifestationen erfolgen spielerisch in Form von Weisheitskräften, Freiheit, Willen, Macht und Handeln.


Subjekt und Objekt werden als untrennbares Ganzes gesehen, aber gleichzeitig fungiert das Subjekt als Quelle des freien Willens, den es zum Ausdruck bringt.


Das Bewusstsein des Beobachters ist das Zentrum, dessen Bewusstseinsakte die Realität und variative Universen erschaffen, Universen verzweigen sowie neue Tunnel der Realität öffnen.


Ein Beispiel für die Parasattarka-Logik ist eine Handlung aus „Tripura Rahasya“: der Sohn eines Weisen, der in einem Hügel ein Universum erschaffen hat.


Jnanis und Siddhas verwenden normalerweise die unscharfe Logik, die Sattarka-Logik und sogar die Parasattarka-Logik, weil sie die Welt durch ihr Bewusstsein sehen, jenseits von Konzepten. Sie spielen nach Belieben mit Konzepten. Für sie sind Konzepte lediglich Diener der großen Gottheiten des Bewusstseins und des Bhavas (mentaler Stimmung).


Die Denkprozesse in der diskreten Logik und in der Sattarka-Logik unterscheiden sich darin, dass in der diskreten Logik der Beobachter, also das Bewusstsein, ignoriert wird. Im Gegenteil dazu ist für die Sattarka-Logik die subjektive Realität des Beobachters sehr wichtig. Alles Denken basiert auf einem Verständnis des Zusammenhangs der Gedanken und des inneren „Ich bin“-Raumes des Beobachters, der sich hinter diesen Gedanken befindet. Aber in der diskreten Logik erhalten Gedanken eine aus sich selbst existierende Bedeutung, als ob der „Ich-bin“-Beobachter – der Raum des Bewusstseins – überhaupt nicht existieren würde."


Das war ein Auszug aus dem Buch von Swami Vishnudevananda Giri „Leben in der Multirealität. Parasattarka-Logik“ ab jetzt überall im Handel erhältlich


Mehr über den Meister auf https://de.advayta.org und in den Büchern von Swami Vishnudevanda Giri „Laya Yoga. Das Leuchten der kostbaren Geheimnisse“, „Ich bin. Spirituelle Alchemie des inneren Universums“, „Nada und Jyoti Yoga“, „Leben in Gott. Autobiographie eines Jnanis“, „Kodex eines Meisters“, „Spirituelle Alchemie. Der Weg der inneren Askese“