Drei Wege zur Befreiung

Es gibt viele Wege zur Befreiung und Transformation des Bewusstseins. Die meisten Menschen folgen lang geprüften Traditionen verschiedener Yogas. Die klassischen und auch populärsten von ihnen sind die traditionellen Wege des Wissens (Jnana), der Hingabe an das Göttliche (Bhakti), der Disziplin und Askese, der Meditation (Rajayoga) und der Arbeit mit den inneren Energien (Kundalini Yoga).


Einige Menschen verschreiben sich einem Weg und versuchen, ihn möglichst lange und intensiv zu gehen. Andere kombinieren die Wege, was in der Regel am sinnvollsten und für die spirituelle Entwicklung am besten ist.


Die Lehre des Laya Yogas kennt – ähnlich der tantrischen Systematik – die Einteilung eines Yogas in drei Abschnitte: die Grundlage, den Weg oder Prozess und die Frucht.


Grundlage von Laya Yogas ist die Philosophie des Advaita, die in den Schriften von Shankara und in den Upanishaden des Kanons Muktika dargelegt wird, sowie die Philosophie des kashmirischen Shivaismus und die Lehre von Dattatreya (Siddha-Tradition).


Diese Grundlage ist unser göttliches Potenzial; das ist der Zustand der Erleuchtung, den die Heiligen realisierten und der in vielen heiligen Schriften beschrieben wird. Die Grundlage ist das, was in uns von Anfang an existiert, was wir aber wegen des Schleiers der Unwissenheit nicht bemerken, unsere göttliche Natur. Deswegen brauchen wir einen Weg.


Der Weg des Laya Yogas wird in drei Begriffen beschrieben: die Ansicht bzw. Sichtweise (Jnana), die Meditation (Dhyana), das Verhalten oder die Handlung (Kriya).


Die Sichtweise ist das, was der Lehrer dem Schüler weitergibt. Dabei geht es nicht nur um Philosophie, obwohl die Sichtweise auch sie beinhaltet, sondern noch mehr um das Erleben des Zustandes, aus dem der Meister die Welt und die Ereignisse darin sieht. Das wird ebenfalls reine Sicht (Divya-Drishti) oder einziger Geschmack (Samarasya) genannt.


Der Weg der Meditation beinhaltet viele Methoden der Arbeit mit dem Verstand und der Energie. Die berühmteste Methode ist Atma-Vichara (Selbstanalyse, Suche nach dem Ich). Die Arbeit mit der Energie beinhaltet zwei Hauptyogas, Nada Yoga (Konzentration auf innere Töne) und Jyoti Yoga (Arbeit mit dem inneren und äußeren Licht), in denen der Yogi eine Kontemplation praktiziert, die untrennbar von den inneren Tönen und dem innerem Licht ist. Als Zusatzpraktiken werden auch Kundalini- und Nidra Yoga (Yoga der bewussten Träume) angewandt.


Alle Methoden des Weges im Laya Yoga sind als Zusätze zur Hauptmethode zu sehen. Die Hauptmethode impliziert die Aufrechterhaltung des natürlichen Zustandes, nicht nur in der Meditation, sondern in erster Linie als Gewöhnung des Bewusstseins an die nicht-duale Sicht. Indem der natürliche Zustand – die innere ursprüngliche Weisheit aller Wesen, die leuchtende, subtile Klarheit der leeren Bewusstheit jenseits der Namen und Formen – offengelegt wird, lernt der Laya Yogi, sie sowohl in der Meditation als auch danach zu erhalten, in den fortgeschrittenen Stadien nicht nur im Wachzustand, sondern auch im Traumschlaf und später sogar im Tiefschlaf.


Der letzte Aspekt des spirituellen Weges ist die Handlung oder das Verhalten (Kriya). Verhalten ist die Art, wie sich die Lehre im Alltagsleben manifestiert. Das ist die Möglichkeit, die Energie unserer Weisheit und Kontemplation in alltäglichen Situationen in der relativen Dimension zum Ausdruck zu bringen. Dank dieser Praxis wird das alltägliche Leben in die Praxis integriert und die Grenzen zwischen der Meditation im Sitzen und anderen Handlungen verschwinden.


Die Frucht – also das Resultat – im Laya Yoga stellen die drei erleuchteten Körper dar:


• Jnana-deha (formloser Körper der Weisheit - das unendliche, leere, alldurchdringende Bewusstsein),


• Pranava-deva (subtiler Körper der gereinigten astralen Energie, der verschiedene subtile und gewünschte Formen annehmen kann),


• Siddha-deha (physischer, ebenfalls gereinigter und transformierter Körper, der verschiedene yogische Kräfte aufweist).


In der Regel besteht das Ziel eines Yogas in der Entdeckung des unendlichen, ewigen, alldurchdringen Bewusstseins im eigenen Bewusstseinsstrom. Und, hat man es einmal gefunden, in seiner Vertiefung, bis man dieses subtile Bewusstsein jenseits von Namen und Formen Tag und Nacht aufrechterhalten kann.


Wenn das geschieht, spricht man von der Befreiung des Bewusstseins aus den Fängen der samsarischen Existenz, also aus den Ketten des ewigen Rades der Wiedergeburten, man spricht von einer wirklichen Reinigung und Transformation des Bewusstseins. Die anderen Aspekte der Frucht können ebenfalls in einem Leben erreicht werden, sind aber sowohl als Ziel als auch als Ergebnis seltener bei den Menschen des Weges (den Saddhus) anzutreffen.


Traditionell führen zwei Wege zur Befreiung. Zwei Möglichkeiten kennzeichnen sie: allmählich oder sofort.


Der erste ist der allmähliche Weg von “Vikas”, der aktiven Anstrengung im Yoga und seinen Methoden.


Der zweite ist der spontane Laya-Pfad, die vollständige Absorption durch Selbsttranszendierung bei Eliminierung von Anstrengung und Ego, verbunden mit Weisheit (Jnana).


Der Weg der aktiven Anstrengung wird der schrittweise Weg der Methode (upaya) oder der Weg des Affenbabys (markata nyaya) genannt. Im Gegensatz zu einem Kätzchen, das von seiner Mutter getragen wird, muss ein Affenbaby seiner Mutter durch die Bäume folgen. Der Pfad der Anstrengung umfasst die verschiedenen Methoden von Sutra, Kriya, Charya und Yoga Tantra, wie das Gottheiten-Yoga, die Mantra-Rezitation, die Konzentration, die Meditation, die Arbeit mit den Kanälen, den Energiewinden und der Kundalini. Indem man sie anwendet, erreicht der Yogi Samadhi, öffnet das ursprüngliche Licht der ungeborenen Realität und versteht, dass es jetzt nichts mehr zu tun gibt, außer dem Licht zu erlauben, ihn selbst aufzulösen, um durch Selbsthingabe eins mit dem Licht zu werden. So kommt er dazu, den spontanen Pfad zu verstehen.


Der Weg von Laya beinhaltet das Verstehen durch Jnana und die vollständige Verwirklichung dieses Verstehens durch die Zerstörung der Illusion des Ichs. Es wird der Pfad des Kätzchens (Marjara Nyaya) genannt. Der Yogi lässt Methoden und aktive persönliche Bemühungen zurück und öffnet sich einer neuen Dimension der nicht-dualen Sicht der Realität, er versucht, sofort in sie einzutreten und für immer darin zu bleiben. Um dies zu tun, verlässt er sich nur auf diese nicht-duale Dimension und eliminiert die Anstrengung und die Idee eines Ichs, das sich anstrengt, als Hindernisse für den Eintritt in die unendliche Realität. Wie ein Kätzchen, das sich ganz auf seine Mutter verlässt und es seiner Mutter erlaubt, es ohne persönliche Anstrengung zwischen die Zähne zu nehmen, kümmert sich der Yogi auf dem Weg des Laya nur darum, nicht aus den Zähnen der Mutter – des Lichtes der großen Realität – zu fallen..


In der Praxis folgen Yogis meistens einem gemischten Pfad, d. h. sie achten auf das höchste Verständnis und bemühen sich fleißig, sich zu reinigen und Samadhi zu erreichen, so dass man sich, sobald sich die Gelegenheit bietet, mühelos auf den Weg des Sahaja Samadhi begeben kann, d.h. auf den spontanen Weg der Selbsttranszendierung.


Die Laya Yoga-Tradition hat ihren eigenen speziellen Ansatz zur Kombination der beiden Wege. Nämlich: Wir begeben uns vorbehaltlos sofort auf den spontanen Weg der kontemplativen Präsenz und Selbsttranszendierung und versuchen, uns durch die direkte Einführung vom Meister in einer solchen Erfahrung zu etablieren, um sie unser ganzes Leben lang aufrechtzuerhalten. Da wir jedoch erkennen, dass wir nicht perfekt sind und daher Anstrengung auf einer relativen Ebene unverzichtbar ist, führen Laya Yogis verschiedene Praktiken durch, wie Konzentration, Meditation, Kundalini Yoga-Techniken usw. Sie werden jedoch untrennbar von der kontemplativen Präsenz ausgeführt und die Hauptpraxis sind immer noch Kontemplation und Selbsttranszendierung, d.h. man handelt ohne ein Handelnder zu sein.


Die Natur des Geistes, das Göttliche, das Brahman der Advaita-Philosophie, durchdringt alle Wesen und Objekte im Universum. Es gibt nichts, was von dieser absoluten Dimension getrennt wäre.


Die Menschen haben diese feinste und subtilste Schicht des Bewusstseins immer in sich, aber sie bemerken sie nicht, weil ihr Bewusstsein meistens mit den Phänomenen und Objekten der Wahrnehmung oder mit den eigenen Gedanken beschäftigt ist.


Die ursprüngliche Weisheit, Prajna, ist jedem Wesen innewohnend, ewig, unveränderlich, jenseits aller Worte und Beschreibungen, alles befreiend und immer rein.


Ganz besonders begabte Menschen könnte diese subtilste Schicht ihres Bewusstseins aufgrund verschiedener Ereignisse oder spezieller Techniken entdecken, und noch begabtere Yogis können danach für immer darin bleiben.


Laya bedeutet Auflösung. Im Kontext des Yogas bedeutet es die Auflösung der Unwissenheit, der Trübung des Bewusstseins, der mentalen Konstruktionen, der Vorstellungen von Unfreiheit und von der Last der mentalen Existenz des individuellen Ichs. Laya bedeutet, dass das individuelle Bewusstsein im Göttlichen aufgeht und sich darin auflöst, um die Freiheit von allen Begrenzungen und damit sein wahres Ich zu erfahren.


Swami Vishnudevananda Giri erklärt in seiem Buch „Laya Yoga – das Leuchten der kostbaren Geheimnisse“ viele Aspekte, wie man auf die ursprüngliche innere Weisheit aufmerksam wird und wie der Weg des Laya zu gehen ist.


In diesem Buch ist der Begriff „Kontemplation“ zentral.


Viele wirklich subtile Bewusstseinszustände sind nur sehr schwer in Worte zu fassen und zu beschreiben und mitunter auch noch schwerer zu übersetzen, weil jede Sprache ihre eigenen Akzente für viele Spezialbegriffe setzt. In der vorliegenden Übersetzung wurde der Begriff „Kontemplation“ für den zentralen Zustand, der in diesem Buch sehr detailliert beschrieben und erklärt wird, favorisiert.


Unter Kontemplation versteht man im Kontext des Laya Yoga eine subtile leere Bewusstheit jenseits von Namen und Formen, eine feine Klarheit des Bewusstseins, die nicht auf Objekte, sondern auf sich selbst als Bewusstheit gerichtet ist.


Begriffe wie „Präsenz“ und „natürlicher Zustand“ stehen alle von der Bedeutung sehr nah nebeneinander, ebenso ähnlich sind sie dem Begriff „Kontemplation“.


Wenn wir vom natürlichen Zustand sprechen, wird der natürliche Zustand nicht als unbewusster reiner Zustand ähnlich dem vedantische Brahman oder der zu verwirklichenden unbewussten Leerheit verstanden. Unter dem natürlichen Zustand ist zuallererst unsere erfassende Klarheit gemeint. Unsere wahrnehmende Klarheit erfährt das ursprüngliche klare Licht oder die Nicht-Dualität, und es ist diese Erkenntnis, die wir den natürlichen Zustand oder die selbstgeborene Weisheit (Prajnana) nennen.


Ist man in Kontemplation, das heißt in der subtilen leeren Bewusstheit jenseits von Namen und Formen, befindet sich ein großer Teil der inneren Pranawinde im Zentralkanal und nur einige wenige Pranas (subtile energetische Winde) bedienen das oberflächliche sinnliche Bewusstsein. Die sinnliche Wahrnehmung und auch die Aktivität des Verstandes werden nicht blockiert, wie es in einer klassischen Meditation geschieht, sondern man behält die subtile leere Bewusstheit des Selbst als einen starken Hintergrund für die sinnlichen und mentalen Wahrnehmungen bei und kann so „bei sich“ bleiben, um das Bewusstsein nicht in alle Richtungen zu zerstreuen und dadurch zu ermüden und womöglich die Subtilität zu verlieren.


Die tiefe Bedeutung wirklicher Kontemplation kann nur oberflächlich erklärt werden, da dieser Zustand verschiedene Tiefen und Dimensionen haben kann. Der wunderbaren und mystischen Reise in die innere Welt der Kontemplation und des natürlichen Zustandes, dessen volle Realisation Erleuchtung und Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten bedeutet, sind die Bücher über Laya- Jnana- und Bhaktiyoga gewidmet.


Im folgenden EBook "Drei Wege zur Befreiung" werden die Wege von Jnana (Wissen)-, Bhakti (Hingabe)- und Laya Yoga kurz beschrieben, die beide jeweils für sich und miteinander ein Ziel haben – Laya, die Auflösung der mentalen, psychologischen, emotionalen und gefühlsmäßigen Begrenzungen durch Wissen und Hingabe, durch Realisation der Einheit des ganzen Seins, des eigenen Platzes im Universum, durch die Realisation der wichtigsten aller Fragen: „Wer ich bin?“


Das EBook „Drei Wege zur Befreiung“ ist anbei zum herunterladen.


Mehr über den Weg, den Meister und über die Lehre unter https://de.advayta.org


Und in den Büchern von Swami Vishnudevananda Giri:


„Laya Yoga – das Leuchten der kostbaren Geheimnisse“


„Spirituelle Alchemie – der Weg der inneren Askese“


„Leben in Gott. Autobiographie eines Jnanis“


„Kodex eines Meisters. Der Weg der Vollkommenheit“


„ICH BIN. Spirituelle Alchemie des inneren Universums“

Kommentare 5

  • Wie interessant.

    Bin gespannt, was Du danach zu berichten hast _/|\_ In Deinem Sinne: Alles Gute!

  • :sieg: Danke für alles !

    In Liebe, bis bald.

    Herzlichst Bea

    Atma Vicara

  • Liebe Spirits,


    ich gehe in ein längeres Retreat. Wir lesen uns wieder Ende März oder Anfang April.


    Herzliche Grüße an alle


    Ramanatha

    • Alles Gute Dir – bitte bleibe uns gewogen. :)

    • 🙏💟