Das Multimind - Konzept

Das Multimind-Konzept


Abhängig von unseren inneren Zuständen und den Ereignissen in unserer Umwelt entscheiden wir uns einmal so und ein anderes Mal anders:

Gelegentlich handeln wir auf eine Weise, die wir Tage später nicht mehr mit unserer Persönlichkeit vereinbaren können.

Zwar bemühen wir uns durch allerlei mentale Kunstgriffe, die äußeren Umstände dafür verantwortlich zu machen, merken aber selbst manchmal, dass diese Versuche ungenügend sind.

Wie kommt diese Inkonsistenz des Verhaltens oder der Persönlichkeit zustande?

Warum wirken wir auf uns selbst sprunghaft oder unvorhersehbar?

Neben vielen psychodynamischen Erklärungskonzepten ist die Multimind-Vorstellung hier hilfreich (Dilts, Ornstein):


Wir rühren in vielen Töpfen, die unterschiedlichen Bereichen zugeordnet sind:

in den vielfältigen sozialen Rollen der Familie, des Berufs, im Verein etc.

Dort gibt es eigene Regeln des Denkens, der Sprache, der Selbstdefinition, der hierarchischen Einstufungen.


Jede dieser Rollen hat differierende Wertkonstellationen, unterschiedliche Ziele und Motive. Häufig sind unterschiedliche Bereiche angesprochen: unser Können oder Wissen, unsere Leistung, unsere Zugehörigkeit, unsere Identität, unsere spirituelle Sinnfindung.

So können innerhalb der gleichen Situation unterschiedliche mentale Konstellationen oder innere Rollen aktiviert oder präsent sein.

Die Repräsentanten dieser Rollen - unsere inneren Anteile - entstammen meist auch unterschiedlichen Phasen unseres Lebens.


Das Teile-Konzept ist nicht neu:

Ähnliche Konzepte existierten bereits in frühen Kulturen.

In der Literatur und der psychologischen Theorie des letzten Jahrhunderts nahm es auch zunehmend mehr Raum ein:

"Denn es ist ein, wie es scheint, eingeborenes und völlig zwanghaft wirkendes Bedürfnis aller Menschen, dass jeder sein Ich als eine Einheit sich vorstelle. Mag dieser Wahn noch so oft, noch so schwer erschüttert werden, er heilt stets wieder zusammen." (Hesse, 1927)


Jung beschrieb1935 sein Konzept der Komplexe:

"Ein Komplex hat die Tendenz, eine kleine eigene Persönlichkeit zu bilden. Er hat eine Art Körper, einen gewissen Grad an Psychologie. Er kann den Magen belasten, er bringt den Atem durcheinander, er beeinflusst das Herz - kurz, er benimmt sich wie eine Teilpersönlichkeit.

Ich bin der Ansicht, dass unser persönliches Unterbewusstsein ebenso wie das kollektive Unbewusste aus einer unbestimmten, da unbekannten, Anzahl von Komplexen oder fragmentarischen Persönlichkeiten besteht."


Eine ausführliche Geschichte der Multiplizität der Psyche hat Rowan 1990 in seinem Buch Subpersonalities zusammengetragen.

Bekannte Therapie- und Beratungsansätze in der Arbeit mit inneren Teilen sind unter anderem:


- der Voice Dialogue" (Stone und Winkelmann, 1985), eine Ableitung des Jung`schen Konzeptes

- die "Ego State Therapy" der Hypnotherapie (John und Helen Watkins, 1982)

- das "Six-Step-Reframing" (Sechs-Schritte-Umdeutung) des NLP (Cameron-Bandler, 1978)

- die "Internal Family Systems Therapy" (Richard C. Schwartz, 1995)