Bitte verzeih, das ist für mein einfaches Gemüt verwirrend. Wer sendet versteckte Botschaften, die sich zu Doppelbotschaften entwickeln und wem sind solche Botschaften nützlich? Beschreibst Du die Art und Weise, wie Autisten kommunizieren oder tut das die Gesellschaft?
Sasha hatte dazu ein einfach zu begreifendes Beispiel aufgeführt:
Aber die meisten Menschen meinen eben nicht nur die Worte, die sie schreiben, sondern da sind noch Hintergedanken, Implikationen etc im Spiel. Zum Beispiel das typische "lies zwischen den Zeilen" oder ein "Du hättest das wissen müssen" wird von Autisten oft quittiert mit "Mach es uns doch beiden leicht und sag einfach was du wirklich meinst". Das heißt, wenn du eine Frau fragst was mit ihr los ist und sie sagt "Ach nichts..." Dann würden viele Autisten das wörtlich nehmen und denken es sei wirklich nichts. Aber die Gesellschaft zeigt uns, dass dieses "nichts" meistens eines von zwei Dingen bedeutet: Entweder "ich bin sauer auf dich, lass mich in Ruhe" oder "ich will reden, bitte frag noch mal, damit ich nicht das Gefühl habe, mich dir aufzudrängen".
Im Zitat von Dir steht zum Beispiel:
"Bitte verzeih, das ist für mein einfaches Gemüt verwirrend".
Der Autist versteht es vielleicht so: Hm - was gibt es da zu verzeihen - er hat mir doch gar nichts angetan, das verzeiht werden müsste? Wieso schreibt er von einem einfachen Gemüt, was hat das mit mir zu tun?
Nicht jeder Autist liest es so - auch das hat Sasha in ihren Antworten bereits differenzierend erklärt. Aber im Falle von Missverständnissen könnte doch so etwas in Erwägung gezogen werden?
Für den neurotypisch veranlagten Sender einer Botschaft enthält diese keine Doppelbotschaft, weil er oft von der Gesamtaussage ausgeht und nicht von einzelnen Bestandteilen dieser Aussage. Aber der neurodivergente Empfänger der Botschaft sieht in dieser eventuell nur den vordergründigen Wortlaut, jedoch kann er nicht unbedingt wahrnehmen, was der Sender noch zusätzlich damit verbindet, wenn er etwas Bestimmtes durch diese geschriebenen Worte ausdrücken will - was er vielleicht nur als zusätzliche Gedanken im Kopf hat und selbstverständlich davon ausgeht, dass auch diese Zusatzgedanken Bestandteil seiner Gesamtaussage sind.
Irgendwelche "Nutzgedanken" spielen hier keine Rolle. Es sind nur verschiedene Funktions- und daraus folgende Verstehensweisen, die aufgezeigt werden und in meiner Beschreibung die Kommunikation zwischen neurotypischen und neurodivergenten Menschen gleichermassen betreffen könnte - egal ob es um einzelne Personen oder um Gesellschaftsanteile geht. Aber da die Mehrheit der menschlichen Gesellschaft bekanntlich aus neurotypischen Personen besteht, geht diese Aufklärung wohl hauptsächlich an diese Adresse.